Was die Piraten mit dem Rederecht im Bundestag zu tun haben

Erschienen am 14.4.2012

Die Fraktionsspitzen von Union, FDP und SPD wollen offenbar verhindern, dass Abgeordnete im Bundestag ans Rednerpult gelassen werden, die eine andere als die Fraktionsmeinung vertreten. Zumindest soll es dem Parlamentspräsidenten deutlich erschwert werden, jemanden aufzurufen, der nicht von der Fraktion vorher als Redner nominiert wurde.

Auslöser ist ausgerechnet die Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm, vor der Bundestagspräsident Norbert Lammert zwei „Abweichler“ aus CDU und FDP zu Wort kommen ließ, um die aufgewühlte Stimmungslage im Land im Parlament widerzuspiegeln. Man könnte das würdevoll nennen, angemessen, überlegt, notwendig — Lammert kassierte dafür Ärger vom Ältestenrat.

Zu glauben, dass ginge an den Wählern einfach so vorbei, wird sich rächen. Es ist doch kein Wunder, dass die Piratenpartei derzeit in Umfragen Höhenflüge erlebt: Sie tritt an, um den Politikprozess zu verändern. Mehr Transparenz, mehr vernünftige Lösungen, weg vom lähmenden Parteienstreit. Das umfassende tolle Programm ist es nicht, auch wenn zumindest einige durchdachte Position entgegen aller Unkenrufe existieren.

Die Fraktionen mögen ihre Gründe für den „Maulkorb“ haben. (Vielleicht hat man auch genug davon, dass Abgeordnete der Linkspartei ihr Abstimmverhalten so oft erklären wollen.) Genau so, wie es für die Koalition auch sehr sinnvoll erschien, das Hotelsteuer-Privileg zu beschließen. Und, und, und. Diese Parteienlogik mag sich der Öffentlichkeit gerade noch erschließen, provoziert aber zunehmend eine Abwehrhaltung. Davon profitieren die Piraten.