Kopierter Spruch: Twitter-Nutzer ärgert sich über „Zeit Magazin“

Erschienen am 9.11.2014

Das „Zeit Magazin“ hat am Sonntagabend auf Facebook einen Tweet von Sebastian Baumer gepostet. Mehr als 12.000 Facebook-Nutzern gefällt das. Sebastian Baumer ist nicht darunter. Im Gegenteil. Er ärgert sich — und will dem „Zeit Magazin“ nun eine Rechnung stellen.

Huch? Der Reihe nach. Im Oktober 2011 schreibt Sebastian @noemata Baumer auf Twitter: „Wer hat eigentlich erfunden, dass man in seinem Leben immer ‚weiterkommen‘ muss? Ich würde gerne mal ankommen.“

Originaltweet, Oktober 2011

Dann passiert erst einmal nichts. Bis die Firma Visual Statements aus Freiburg im Juni dieses Jahres aus dem Spruch ein Bild macht und auf Facebook veröffentlicht. Baumer erfährt davon nach eigenen Angaben erst, als Freunde ihn darauf hinweisen. Knapp 2000 Likes bekommt sein Spruch diesmal.

Facebook-Post von Visual Statements

Fünf Monate später veröffentlicht das „Zeit Magazin“ das Bild erneut, mit einem Link auf die Facebook-Seite von Visual Statements. Nicht das erste Mal, dass sich das „Zeit Magazin“ bei Visual Statements bedient. Auch von Facebook-Seiten wie Fehlerleser.de, StreetArt in Germany oder Notes of Berlin nimmt die Redaktion Fotos und veröffentlicht sie unter dem eigenen Namen. Immer mit dem Hinweis „gesehen bei“.

Facebook-Post des Zeit Magazins

Ob ein Tweet überhaupt vom Urheberrecht geschützt ist, hängt von der Originalität des Spruchs ab. Die vielen Likes könnten ein Hinweis auf eine gewisse Schöpfungshöhe sein. Letztlich müsste diese Frage wohl ein Gericht klären. Die „Welt Kompakt“ wollte es soweit nicht kommen lassen und stoppte vor zwei Jahren den Abdruck der „Tweets des Tages“. Einige der Zitierten hatten sich beschwert, sogar mit rechtlichen Schritten gedroht. Bei jedem Twitterer vor dem Abdruck ein Okay einzuholen, war der Redaktion zu viel Arbeit.

Im selben Jahr stoppte der Riva Verlag die Auslieferung des Buchs „Nachts um 3 Uhr klingelte der Nachbar. Mir ist vor Schreck fast die Bohrmaschine aus der Hand gefallen“, einer Sammlung mehr oder weniger lustiger Sprüche. Hier hatte es Plagiatsvorwürfe gegeben. Viele Sprüche sollen ursprünglich von Twitter-Nutzern stammen.

Ob nun geschützt oder nicht: Baumer ärgert sich, dass sein Tweet vom „Zeit Magazin“ nicht eingebunden oder verlinkt wurde. Genau das ermöglichen soziale Medien ja schließlich: das Einbetten des Originals, ob auf einer Webseite oder auf der Plattform selbst. Das bloße Kopieren „diene lediglich den Zwecke, die eigene Facebook-Seite zu promoten“ und „ein Verlag müsse es besser wissen“, sagt Baumer und spricht von einer auf Facebook weit verbreiteten Methode. Auch wenn die Aussichten auf Erfolg nicht besonders groß sein dürften, will er dem „Zeit Magazin“ das Bild nun in Rechnung stellen.

Ich würde sagen: Jenseits der streng juristischen Bewertung gibt es ein ungeschriebenes Gesetz in Bezug auf Social Media. Einbetten oder Zitieren mit Link geht in Ordnung. Eine Kopie, bei der die Verlinkung zum Original verloren geht, ohne Nachfrage ist unfair.

Update: Alles wieder gut.

Über Einbetten schreiben und dann selbst Screenshots verwenden? Ja, denn das hier dient der Dokumentation. Nicht, dass zwischenzeitlich etwas davon verschwindet. Mit einem Klick auf die Bilder geht es zum, nun ja, Original.