Blog

13 Notizen von der „South by Southwest“ 2019

Erschienen am 16.3.2019

Ich war auf der „South by“ in Austin und habe darüber geschrieben, wie dort Politiker mit Regulierungsanspruch wie Elizabeth Warren oder Alexandria Ocasio-Cortez den visionären Silicon-Valley-Mackern Elon Musik oder Jeff Bezos den Rang ablaufen: „Der Silicon Dream ist aus“, erschienen auf Spiegel Online. Außerdem interessant:

1. Künstliche Intelligenz und unser blinder Fleck: KI begegnet uns überall im Alltag – aber in Hollywood geht es immer noch um selbstbewusste Humanoiden mit mehr oder weniger guten Absichten. „Nur die Hälfte dessen, worüber sich Forscher Gedanken machen, kommt in Filmen und Serien überhaupt vor“ sagt Christopher Noessel, der bei IBM an Watson arbeitet. Er hat 147 fiktive Stoffe und 68 Manifeste und Papiere von Forschern und Firmen verglichen. Die Nachvollziehbarkeit von KI-Entscheidungen sowie Gesetze und Normen sind eher kein Thema für Hollywood. „Untold A.I.“ nennt Noessel das. Das hat Auswirkungen auf die öffentliche Debatte. Die Forscher hingegen befassen sich erschreckend wenig mit dem Verbot autonomer Killermaschinen. (Spiegel Online)

2. Wir machen die Werbung gleicht mit: Ob Bloomberg, Gimlet, BuzzFeed oder Group Nine, Medienfirmen haben Einheiten geschaffen, die passende Werbung für Kunden produzieren. So können aus Experimenten auf neuen Plattformen wie TikTok oder Podcasts schneller Geschäftsmodelle werden, man muss nicht auf die Mediaagenturen warten. Hier ändert sich ein altes Modell grundlegend, die Mittelsleute kommen nicht mehr vor. Das Brand Studio von Gimlet kann zum Beispiel Podcast-Werbung produzieren oder ganze Podcasts im Auftrag von Kunden starten.

3. In welcher Zukunft wollen wir leben? Die oft dumpfe Serie „Black Mirror“ zeigt, wie die sehr nahe Zukunft aussehen könnte, wenn wir nicht aufpassen und Silicon Valley einfach machen lassen. Mick Champayne und Casey Hudetz von Digitas haben anhand der Serie das Konzept Speculative Design erklärt und jede Menge Beispiele gesammelt, in denen Künstler sich in Trendthemen wie Medizin, Biotech, autonomes Fahren, Klimawandel reinarbeiten und „Black Mirror“ spielen. Mein Highlight der Konferenz. Bevor man Stunden in die Serie steckt, lieber die Arbeiten hier durchsehen.

4. Podcast-Werbung: Spotify und dessen Neu-Akquisitionen Gimlet und Anchor sehen noch jede Menge Wachstum bei der Podcast-Vermarktung. Schließlich würden 90 Millionen Amerikaner bereits Podcasts hören, ein jährliches Wachstum von über 20 Prozent. Dawn Ostroff, Content-Chefin von Spotify, vergleicht: Wenn man die „Vogue“ öffnet, gehören Anzeigen zum Erlebnis dazu. Gimlet-Gründer Matthew Lieber führt ein Durchschnittsalter von 30 Jahren an – eine Zielgruppe, die ausgestattet mit AdBlocker, Netflix und Spotify jenseits von Podcasts kaum Werbung wahrnehme. Passende Werbung erstellt Gimlet mit Gimlet Studio gleich selbst, berät Firmen bei ihrem Audioauftritt. Anchor funktioniert als Werbe-Marktplatz, vermittelt auch kleinen Podcasts passende Werbung.

5. Podcast-Wachstum: Auch inhaltlich ist noch Luft: Sport, Comedy, Crime würden funktionieren, sagt Ostroff, es gebe jede Menge weitere unerforschte Genres. Gimlet nennt drei Erfolgsfaktoren von Podcasts: (1) Hörerinnen und Hörer erleben etwas mit, (2) bekommen etwas beigebracht oder (3) finden freundschaftliche Begleitung im Alltag. Stolz ist Matt Lieber auf einen Zahnputz-Skill bei Alexa namens Chomper, jeden Tag eine neue kleine Geschichte mit Bürsten-Countdown.

6. Deepfakes kommen: Video- und Audioaufnahmen, die mit Hilfe von künstlicher Intelligenz gefaked sind, lassen sich eigentlich noch einigermaßen gut erkennen. Matthew Stamm von der Drexel University forscht daran, auch mit Militärbudget. Aus Tonspuren lassen sich etwa Schwingungen des Stromnetzes rausrechnen, in Videos erkennt künstliche Intelligenz Muster, die auf Bearbeitung hindeuten, oder den individuellen Fingerabdruck des Kamerasensors. Aber wenn dann ein Video durch die Kompression von Facebook oder WhatsApp läuft, vielleicht sogar mehrfach, verschwinden diese Artefakte. Es gebe einfachere Methoden zur Meinungsmache als Deep Fakes: Einfach Videos kürzen und in einen neuen Kontext stellen. Poynter-Vizechefin Kelly McBride weist darauf hin, dass oft schon eine kritische Masse an Menschen erreicht sei, 20 oder 40 Prozent, die ohnehin nur noch das glauben wollen, was ihre Weltsicht stützt. Stamm: „We will not solve this by tech alone.“

7. BuzzFeed will Facebook-Geld: Früher hat sich BuzzFeed auf der “South by” als virales Powerhaus gefeiert. Jetzt spricht Jonah Peretti von der Medienkrise, einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft und warnt vor Impfgegnern, Trollen und Fake News. Er warb erneut für starke Partnerschaften zwischen Medien und vor allem mit Plattformen. Seine Idee: Facebook braucht gute Inhalte und hat viel Geld, BuzzFeed hat gute Inhalte und möchte Geld verdienen. Das gute Zeug verdrängt den schwer zu regulierenden Dreck. (Eines seiner Beispiele: Kelsey Impicciche will bei “The Sims” Kinder mit 100 anderen Sims zeugen.) Inspirational quote: „Spread joy and truth, it’s what the internet needs right now.“

8. Neue Geschäftsideen von BuzzFeed: (1) BuzzFeed veröffentlicht Shopping-Listen mit Affiliate-Links, hat dazu seit einiger Zeit einen “Wirecutter”-Klon namens Reviews. Die Listen sind so erfolgreich, dass sie unter den Top 5 der Traffic-Lieferanten für Amazon sind und Unternehmen Einträge auf ihren Listen verkaufen. (2) BuzzFeed-Mitarbeiter werden Marken als Influencer angeboten, die dann auf den BuzzFeed-Kanälen und -Formaten ihren Branded Content ausspielen (mehr dazu bei MediaKix).

9. Native Video auf Social ist nicht tot: Group Nine Media, die Firma hinter „The Dodo“ (lustige Tiervideos), „NowThis“ (bewegende News), „Thrillist“ (Lifestyle) und „Seeker“ (Tech), macht weiter und feiert drei Milliarden Videoabrufe monatlich, darunter das erfolgreichste Politik-Video auf Facebook ever.

Im vergangenen Jahr ist ein NowThis-Video von Beto O’Rourke viral gegangen. Group Nine hat Investoren im Rücken, darunter Springer. Nennt den Fokus auf Social risky, aber da seien nun mal die Nutzer. Analysiert Daten, um passenden Content je Plattform zu platzieren. Startet auf TikTok und IGTV, erstmal ohne Monetarisierung, kein großes Risiko, Publikum aufbauen. Wenn das klappt, schafft das eigene Branded Content Studio zusammen mit Marken passende Werbung. Pitch von Christa Carone an die Werbekunden: Mit uns und maximaler brand safety alle Millennials auf allen Plattformen erreichen.

10. Instagram und die Plattform-Verantwortung: Die Tourismus-Branche hat ein Problem – und es ist ausnahmsweise nicht AirBnB. Da findet außerdem mittlerweile Regulierung statt. Nein, es geht um Instagram. In Verbindung mit günstigen Flugtickets werden Fotos von Reise-Influencern zum Problem, wenn tausende plötzlich vor der niedlichen Bretterbude auf einer einsamen Insel stehen, in der immer noch jemand wohnt. Oder Menschen die Natur rund um Trolltunga in Norwegen zertrampeln. Instagram kümmert sich nicht darum, Influencer loben aber die kostenlosen Snacks im Instagram-Office in New York. Amsterdam hat seine Social-Media-Aktivitäten praktisch eingestellt, schickt Besucher in umliegende Städte oder zu Randzeiten in sonst überlaufene Museen.

11. Trend-Geschäft: Wer diesen Beitrag bis hierhin gelesen hat, bekommt ein echtes Geschenk. Amy Webb erstellt jedes Jahr eine umfassende Präsentation, den Emerging Tech Trend Report, dieses Jahr ein 380-Seiten-PDF, mit allen möglichen Trends, inklusive Einordnung, welche Branchen wovon nun betroffen sind. Super zum Buzzword-Check und zur Übersicht. Sie verdient dann an Talks und Beratungen. Rohit Bhargava macht das sehr ähnlich, verkauft jedes Jahr ein Trend-Buch. Auf der „South by“ hat er sieben Trends rausgegriffen und erklärt, hier sind seine Slides.

12. Elektroscooter funktionieren in den USA, aber werden es in Deutschland schwer haben. Dabei geht es gar nicht mal um die Regulierung: (1) Städte wie Austin haben nicht ansatzweise einen so funktionierenden Nahverkehr, wie er in vielen europäischen Städten üblich ist. (2) Amerikanische Innenstädte haben meist weite, übersichtliche Straßen, auf denen sich gut scootern lässt. (3) Autofahrer sind entspannter und fahren langsamer. In einer Stadt wie Hamburg werden rasende Autofahrer die Scooternutzer von der engen Straße mobben, die Dinger lassen sich kaum irgendwo abstellen und eigentlich fahren Bus und U-Bahn die letzte Meile ganz gut. Lime, Bird, Uber, Spin und so weiter werden es schwer haben.

13. Austin ist ein neues Silicon Valley: Die Stadt ist lebenswert, immer noch günstiger als San Francisco – und boomt. Apple, Goolge und andere Techfirmen haben tausende Jobs geschaffen, ganze Stadtviertel entstehen neu, die Metropolregion hat sich in fünf Jahren auf zwei Millionen Einwohner verdoppelt. Austin wächst mehr als alle anderen Städte. Nun wehren sich die ersten gegen steigende Mieten, Verkehrskollaps und noch mehr Wachstum. Über der “South by” flog ein Kleinflugzeug mit dem Banner: „Don’t move here“. (Bloomberg)

(Bonus-Notiz: Kemuri Tatsu-Ya im Osten der Stadt macht hervorragenden Brisket-Ramen.)

(Bonus-Notiz 2: Unbedingt immer in ein Konzert von Dale „I lie when I drink, and I drink a lot“ Watson gehen und mit Texanern Lone Star trinken.)

The rise of vertical storytelling

Erschienen am 20.1.2019

In 2019, horizontal scrollytelling will feel stale and old. Vertical Storys will be all the rage.

The multimedia story that became a verb and whose name doesn’t need to be mentioned here is now six years old. The snow fell in December 2012. Since then, digital storytelling has changed radically — but that’s not because of the editors who invested in scrollytelling and offered opulent multimedia stories. They now also work on mobile phones, but still far too often with horizontally aligned images and videos — the format of YouTube, televisions, and desktop computers. Far too often, these stories feel strange on a mobile device.

The next step in storytelling has already been taken by mobile apps and platforms, most notably Snapchat and Instagram. Its most important feature: vertical videos. Facebook’s square videos were an intermediate step, often quite easy to produce: Just cut something off from the horizontal source material on the left and right, that’s all. With vertical videos, it’s usually not that easy. But it’s not just about video — it’s about storytelling on mobile devices — about text, pictures, sound, and yes, video.

Vertical storytelling is really different from our often very long and very conventional multimedia stories. In 2019, horizontal scrollytelling will feel stale and old. Vertical Storys will be all the rage.

Companies like PlayBuzz and Opinary would like to offer their own tools to publishers, bringing technical expertise and a means of monetarization through advertisements. Publishers might very well want to start experimenting with vertical storys that way — but to be serious about vertical storytelling means to get the means of production in your own hands.

Enter Google: The company has developed a story component for its semi-open standard AMP. Google could help publishers bring the vertical story format onto their own platforms, detached from proprietary apps. The advantages: fast loading times and possibly more traffic from Google search.

Google’s motivations are clear — the company is building its advertising business on the open web. The company has already adjusted its advertising and measurement tools for vertical marketing. All that remains is the question of whether publishers will get involved with AMP stories — in the hope of taking a few SEO clicks with them — or whether they go their own way to bring vertical storytelling to their platforms.

Zuerst auf niemanlab.org erschienen

Mein Social-Media-Trend 2019: Ein analoger Wecker

Elektrische Tretroller. Die Rückkehr von „Brooklyn Nine-Nine“. Eppendorf-Twitter. Erbschaftssteuer. Sehr viel brennt gerade sehr heiß. Aber nichts reicht an die Temperatur von alten, klassischen, garantiert Internet-freien Weckern heran. Schaltet die Rauchmelder scharf, stellt drei Eimer Wasser bereit und kleidet eure Schlafzimmer mit Asbest aus – es wird hot, hot, hot!

Dafür heißt es Abschied nehmen vom Handy im Bett, neben dem Kopfkissen, drei Zentimeter vorm rechten Augapfel. Denn wir schlafen wieder ohne. Kalter Entzug, zwischen fünf und sieben Stunden täglich. Unser Fenster zur Welt – geschlossen, verdunkelt, weggesperrt in einen Nebenraum.

Damit die ersten Minuten morgens wieder uns gehören. Die kostbaren Momente des noch jungen Tages teilen wir nicht mit WhatsAppInstagramFacebookTwitter, sondern wieder mit uns, mit Partnern, Partnerinnen, Kindern, Milben, vielleicht noch Handwerkern oder informierten Technikern. Das Gerät muss warten!

Wecker statt Handywecker, weniger statt mehr, Kickstart – nicht Schlummertaste. Hier explodiert nun der Trendvulkan: ein Offline-Wecker muss her! Doch Vorsicht, es tut nicht irgendein Ikea-Reisewecker für zwei Euro – es muss ein Designwecker sein. Braun hat da was von Dietrich Lubs, was schon sehr nach Dieter Rams aussieht, und die Namen klingen ja auch ähnlich. Jedenfalls Design, denn der Wecker signalisiert unsere neue Achtsamkeit, uns und der Welt gegenüber. Da stört ein hässliches Stück Plastik.

Die Investition in einen Stand-Alone-Wecker zahlt sich jeden Morgen aus: Mit Zeit, die wir plötzlich ganz bewusst genießen. In der wir die Pflege unseres Bonsais gedanklich durchspielen, das Arrangement der Früchte auf dem kalt eingelegten Haferbrei oder unseren re:publica-Talk über Digital Detox in der privaten Ruhezone. (Der Designwecker macht sich super auf Powerpoint.)

Wir machen die Augen zu und gehen offline. Praktisch an dem Medientrend 2019: Die letztlich minimale Einschränkung bei maximaler Selbstliebe. Denn während sich der Cyber-Prolet noch von „Radar“, „Erwachen“ oder „Funkeln“ in die Marktwirtschaft rufen lässt, genießen die Offlinefreunde schon wieder das Piezo-Fiepen aus einer Zeit, in der vieles nicht besser, aber immerhin offline war. Jetzt erstmal das Handy suchen.

Zuerst hier erschienen

Unfassbare Internet-Geschichten – und was dahintersteckt

Erschienen am 13.5.2018

Ich war auf der re:publica und durfte über unglaubliche Internet-Geschichten sprechen. Eigentlich geplant zusammen mit Hakan Tanriverdi, der dann leider doch verhindert war.

Hier sind Links zum Talk:

Alles für die Klicks?! Hinter den Kulissen von bento

Erschienen am 28.5.2017

Julia Rieke und ich haben auf der Media Convention über bento erzählt — natürlich in Form eines Quizzes.

Wir haben berichtet von politischen Klick-Bestsellern, von Praktikanten auf Porno-Recherche, Videos auf Facebook und was wir mit bento eigentlich vorhaben.

Es ging auch um die Frauenquote: Bei uns in der Redaktion liegt sie bei 77 Prozent. Die Redaktionsleitung ist eine Doppelspitze, die Textchefin eine Frau, die Teamleitungen Video und Web: auch Frauen. Von den 505 Autoren, die bei uns veröffentlicht haben, sind 62 Prozent Frauen. Das Ergebnis: Automatisch tauchen in unseren Beiträgen mehr Expertinnen, Managerinnen, Forscherinnen und Politikerinnen auf.

Ein Video davon gibt es auf YouTube

Brotbacken

Erschienen am 9.1.2017

Jörgen Camrath hat mich gefragt, was uns „im Bereich der sozialen Medien“ dieses Jahr erwartet. Nachdem ich für das Nieman Lab schon kurz etwas zu Fake News geschrieben habe, hier also meine Vorhersage:

AfD, Trump, Fake News – alles total wichtig und dieses Jahr dauerpräsent in den Medien. Mindestens so wichtig wird Brotbacken. Nicht im Plastikautomaten, sondern im Schmortopf aus Gusseisen. Mit Hilfe einer eigenen Hefekultur, die so pflegeintensiv wie ein Kleinkind ist. Die kross gebackenen Laibe gibt es dann auf Instagram, angerichtet in fotogenen Küchen neben vermehlten Gärkörben.

Nach Singlespeed-Fahrrädern, Third-Wave-Coffee und Schellackplatten ist das Backen der nächste große Hipster-Trend. Brotbacken muss man sich zeitlich leisten können, der Einsatz von Kapital bringt keine Abkürzung. Höchsten einen Profi-Ofen könnte man sich einbauen lassen, denn so gut wie beim Bäcker werden die eigenen Brote sonst nie gelingen.

Das Brotbacken ist vor allem Rückzug: Handarbeit im Roboterzeitalter, kneten, warten, kneten, warten. Das Interface: taktil. Alles auf Oberfläche, die Fingerkuppen erspüren die Teigverfassung. Zum Brotbacken braucht es die eigenen Hände, Mehl, Wasser, Hefe und viel Zeit. Totale Reduktion und Entschleunigung, alles, was dem Bildschirmarbeiter fehlt. Während draußen der Mob die AfD wählt und die Facebook-Kommentare überkochen, übt man sich in alter Kulturtechnik. Kneten statt keifen.

Un-faking the news

Erschienen am 5.1.2017

Das NiemanLab der Harvard University hat mich gefragt, was 2017 für den Journalismus wichtig wird. Meine Antwort: Un-faking the news.

Much has been said and written about fake news. It all boils down to this: It’s the arch nemesis of journalism. The moment you get involved, you get infected. You draw attention to this nonsense, spreading rumors by debunking them.

So far, we’ve ignored the worst rumors, the most absurd conspiracy theories. When they went low, we stood clear. But does this work anymore? We face a dilemma: We can ignore the fake news and become part of the story. (See what they don’t tell you!) Or we can take rumors seriously, invest resources, and fact-check them. (If they deny it, it must be true!)

How do you argue with people for whom facts are negotiable? How do you reach out to people who are opposed to the principles of journalism? Because it’s not enough to warn our users about fake news: We need to reach the users who stay away from us. We need to enter the filter bubbles where conspiracy theories flourish, to understand the attraction, aesthetics, and economics of fake news, the mechanisms by which rumors spread on social media and enter search results. Then, we need to use this knowledge to disrupt the self-enforcing circle of rumors and fake news.

We need to vaccinate the public with real journalism: explaining in detail how we come to a conclusion, how facts are gathered, what should be considered a fact and why — how journalism works.

One could argue that we’re not responsible — that parents, schools, and others are to blame. While there might be some truth to that, it doesn’t help. Un-faking the news is no easy task. It doesn’t promise us a pot of gold. And we won’t convince everyone. But it’s our civic duty to try, because we can’t entrust technology companies with editorial decisions. And we certainly cannot let governments and their agencies decide what’s newsworthy and what’s not.

This task requires journalists and publishers that care deeply about democracy and freedom of speech. When fake news hits, we need to hit back, vigorously.

Dexter Palmer: Version Control

Erschienen am 25.12.2016

Worum geht’s? Ein paar Jahren in der Zukunft forscht der Physiker Philipp Wright an einem causality violation device – an einer Zeitmaschine, auch wenn er das Wort selbst lieber vermeidet, denn dann würden die Forschungsmittel womöglich nicht mehr fließen, man will ja nicht als Spinner gelten. Erzählt wird das alles aus der Sicht seiner Frau Rebecca, die bei einem Online-Datingservice arbeitet.

Worum geht’s wirklich? Neben allerlei sozialkritischen Einwürfen zur Moderne und Abhandlungen über Wissenschaft geht es einerseits um Zeitreisen: Was passiert, wenn jemand in der Zeit zurück reist und, sagen wir mal, sich selbst umbringt? Wie kann diese Person dann überhaupt jemals existieren? Außerdem um die Geschichte eines Paares inklusive recht existentieller Fragen, Schuld, Vergebung, Sinn des Lebens.

Lohnt sich das? Das Buch hat unfassbar viel Lob bekommen. Leider ist es langweilig, zäh und hört nicht auf, und dann hört es nicht auf und dann geht es immer noch weiter, auch wenn die eine nette Idee längst abgefeuert wurde. Nein, es lohnt sich überhaupt nicht.

Buch 25 von 52

Han Kang: The Vegetarian

Erschienen am 16.12.2016

Worum geht’s: Yeong-hye beschließt nach einem dunklen Traum, kein Fleisch mehr zu essen. Ihr Ehemann versteht das nicht, redet aber auch nicht mit ihr. Ihre Familie versteht es auch nicht. Ihr Vater versucht, ihr das Fleisch einzuprügeln. Sie wird verrückt, der Mann verlässt sie. Der Mann ihrer Schwester lebt eine sexuelle Phantasie mit ihr aus. Sie landet in einer geschlossenen Anstalt. Es nimmt kein gutes Ende.

Worum geht’s wirklich: Sex und Gewalt in strukturell völlig kaputten Beziehungen. Wer nicht spricht und sich nicht wehrt und erklärt, wird einfach nicht in Ruhe gelassen. Der Körper bleibt der letzte Rückzugsort. Wer ist da eigentlich verrückt? Außerhalb Südkoreas wurde das Buch für seine Fremdartigkeit gelobt, was allerdings eine recht ethnozentrische Sicht auf die Geschichte ist.

Lohnt sich das: Unangenehm und verstörend. Ja.

Buch 24 von 52

Elena Ferrante: Meine geniale Freundin

Erschienen am 15.12.2016

Worum geht’s? Elena, die Erzählerin, blickt zurück auf ihre Freundschaft mit Lila. Sie wachsen in den fünfziger Jahren in einem armen Viertel Neapels auf, ihr Horizont reicht zunächst nur ein paar Straßen weit. Elena kämpft sich verbissen bis in die Oberschule, was ihre Eltern widerwillig dulden. Die eigentlich schlauere Elena, Pippi Langstrumpf mit Kopf, landet trotzdem in der Schusterei des Vaters. Erstes von vier Büchern, der zweite Teil erscheint Anfang 2017 auf Deutsch.

Worum geht’s wirklich? Eine Freundschaft zwischen Frauen – und die ganz große Erzählung über Italien, Faschismus, Kommunismus, Kirche, Mafia, Familie, üble Männer. Sehr üble Männer. Vergleiche mit „The Wire“ werden von Kritikern gezogen.

Lohnt sich das? Uff. Einerseits ja, ich habe mitgefiebert. Andererseits nervt mich die Erzählerin, die sich schon ziemlich toll findet.

Buch 23 von 52