„Internet-Manifest“ … und nun?
Erschienen am 7.9.2009
Wie aufregend: Da tun sich 15 Netz-affine Journalisten zusammen und veröffentlichen ein „Internet-Manifest“ und verkünden, „wie Journalismus heute funktioniert“. Allein: Das Versprechen wird nicht gehalten. Bei einem Manifest erwarte ich einen feurigen Appell, einen neuen Anspruch, einen Aufbruch, etwas Neues.
Was fordern Sie denn nun? Dass man die Leser ernst nehmen soll. Dass mehr Links gesetzt werden. Dass das Internet von Sperrgesetzen unbehelligt bleibt. Abgesehen davon liest sich das „Manifest“ mehr wie ein staubtrockener Wikipedia-Artikel. Es ist eine Sammlung mehr oder weniger weit verbreiteter Binsen, der kleinste gemeinsame Nenner. Wen die aufgestellten Behauptungen wirklich noch überraschen oder grundsätzlich zum Nachdenken bewegen, muss seinen Kopf das vergangene Jahrzehnt in Altpapier vergraben haben.
Aber was wollen die Journalisten, welcher Aufgabe nehmen sie sich an, was können ihre Leser erwarten? Dazu findet sich unter Punkt 16 nur der leicht nebulöse Satz „Die Ansprüche der Nutzer sind gestiegen. Der Journalismus muss sie erfüllen und seinen oft formulierten Grundsätzen treu bleiben.“ Ich finde die Aufstellung der Rahmenbedingungen, unter denen Journalismus heute gemacht wird, sehr gelungen — nur weckt das Wort „Manifest“ bei mir andere Erwartungen.
Nachtrag: Ähnlich Felix Schwenzel, „mir fehlt die prägnanz, die stichhatigkeit und die brilianz die man von einem ‚manifest‘ erwarten könnte“.