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Ingrid Burrington: Networks of New York

Erschienen am 4.12.2016

Worum geht’s? Das Internet versteckt sich vor unseren Augen. Wer mit diesem Buch durch New York geht, lernt das Internet zu sehen: In welchen Kabelschächten und Kästen an Straßenmasten es steckt. Welche Hinweise Bauarbeiter in Neonfarben auf den Asphalt sprayen. Hinter welchen fensterlosen Mauern Datenhubs und Netzknoten untergebracht sind.

Worum geht’s wirklich? Was Burrington zwei Jahre lang recherchiert hat, ist für viele Techniker und Ingenieure nichts Neues. Aber ihr Field Guide richtet sich auch vor allem an die breite Öffentlichkeit, vor der dieses Wissen nicht gerade ausgebreitet wird. Schließlich läuft über die Datenleitungen und Funknetze nicht einfach nur das Internet, sondern Finanzströme und Überwachungsdaten. Burrington beschreibt allgemein verständlich eine mächtige und folgenreiche Infrastruktur.

Lohnt sich das? Ja, nicht nur für Infrastruktur-Nerds. Burrington betreibt, was die Medien-Professorin Shannon Mattern „Infrastructural Tourism“ nennt. Ihre generelle Kritik an dieser Art Field Guides ist als Ergänzung zu „Networks of New York“ unbedingt lesenswert: „The presumption that infrastructures are ‘hidden’ or ‘magic,’ and thus require demystification through a field trip or field guide, signals great privilege.“

Buch 22 von 52

Tait Ischia: Copywrong to Copywriter

Worum geht’s? Wie man einfach und klar auf Englisch schreibt, erklärt für Kleinunternehmer auf 86 Seiten von einem professionellen Copywriter.

Worum geht’s wirklich? Das Buch ist eine Herzensangelegenheit von Tait Ischia, der dafür auf der australischen Kickstarter-Seite Pozible Geld eingesammelt hat. Sprache und Design sind sehr freundlich, die Illustrationen von Jacob Zinman-Jeanes ebenso. Mehr Infos auf copygui.de.

Lohnt sich das? Jedenfalls nicht für Journalisten.

Buch 21 von 52

Carolin Emcke: Gegen den Hass

Erschienen am 30.11.2016

Worum geht’s? Warum soll sich jemand schämen, Gutmensch oder Bahnhofsklatscher zu sein? Warum ist es angesagt, den dumpfen Hass von „besorgten Bürgern“ ernst zu nehmen? Carolin Emcke beschreibt, welche Voraussetzungen Hass braucht und was dagegen hilft: ein mächtiges Plädoyer für mehr Offenheit und Vielfalt.

Sie beschreibt die Jagdszene von Clausnitz und die Rückkehr von Ressentiments in politische Debatten, den Tod von Eric Gardner und institutionellen Rassismus, die rechtliche Gängelung von Transmenschen und unser Verständnis von Grundrechten. Außerdem die Ideologie des IS. Zusammen ergibt sich die Notwendigkeit zu maximaler Differenzierung und zur Genauigkeit – und zu einer Demokratie, deren vorderste Aufgabe es ist, den Einzelnen zu schützen, damit er frei ist, gemeinsam mit anderen zu handeln.

In Kritiken zu dem Buch ist von „moralischer Selbstvergewisserung“ zu lesen, von Selbstverständlichkeiten. Ich kann das nachvollziehen und daran nichts finden: In einer verrückten Zeit, in der vermeintliche Standards eingerissen werden, von der AfD, von Trump und so weiter, ist „Gegen den Hass“ genau das Buch, das wir brauchen.

Angestrichen

„Ich halte es für keinen zivilisatorischen Zugewinn, wenn ungebremst gebrüllt, beleidigt und verletzt werden darf. Ich halte es für keinen Fortschritt, wenn jede innere Schäbigkeit nach außen gekehrt werden darf, weil angeblich neuerdings dieser Exhibitionismus des Ressentiments von öffentlicher oder sogar politischer Relevanz sein soll.“

„Als seien Sorgen an sich schon ein triftiges Argument in einem öffentlichen Diskurs – und nicht bloß Affekt.“

„Weil als Sorge ausgegeben wird, was gleichwohl Abscheu, Ressentiments und Missachtung birgt, verrückt es die Schwelle des Akzeptablen.“

„die Zulieferer des Hasses und die Profiteure der Angst“

„die populistische Aufwertung von Affekten zu politischen Argumenten, die rhetorischen Tarnkappen ‚Angst‘ und ‚Sorge‘, die den bloßen Rassismus verdecken“

„Ein Schweinchen als Gallionsfigur des Abendlandes? Darauf schrumpft die kulturell-ideologische Ambition zusammen?“

Gibt es eine Ausrede, das Buch nicht zu lesen? Nein.

Buch 20 von 52

William Gibson: The Peripheral

Erschienen am 29.11.2016

Worum geht’s? Back to the Future! William Gibson, Urvater des Cyberpunks, schreibt nach der im Heute spielenden „Blue Ant“-Trilogie wieder Science Fiction.

Flynne übernimmt für ihren Bruder Burton einen Job: In einer virtuellen Realität Sicherheitsdienst spielen und Paparazzi-Drohnen ärgern. Dabei beobachtet sie einen Mord. Was sie noch nicht weiß: Die virtuelle Realität ist die Zukunft, 70 Jahre später. Von dort aus kann man sich über einen mysteriösen chinesischen Server in Vergangenheiten einklinken, die sich in dem Moment von dieser Zeitlinie abspalten. Die Leute aus der Zukunft wollen zusammen mit Flynne den Mord aufklären. Der Mörder wiederum will seine Spuren beseitigen und in beiden Zeiten aufräumen.

Worum geht’s wirklich? Um die Beschreibung der beiden Welten. Ohne große Einführung und Erklärung wird man als Leser in die Zukunft geworfen. Einmal ist das ein düsteres und korruptes Amerika, in dem die Menschen Angst vor „Homes“ haben, der mächtigen Bundesbehörde Homeland Security, bei Hefty Mart einkaufen, einer alles umgreifenden Walmart-Version, und ökonomisch abgehängt von Gelegenheitsjobs in virtuellen Realitäten leben. Oder von Drogengeschäften.

In der zweiten Zukunft leben nur noch 20 Prozent der Menschen, diverse Katastrophen haben den Rest dahingerafft, viele isoliert betrachtet kleinere Ereignisse, in der Summe aber furchtbar. Die Überlebenden nennen diese Zeit den „Jackpot“. Gleichzeitig gibt es medizinische und technische Fortschritte, vor allem Schwärme von Nanorobotern. Dafür totale Überwachung und, in London, mächtige Oligarchen-Clans.

Lohnt sich das? Schon. Die erste Hälfte von „The Peripheral“ ist dicht, spannend, kompliziert. Ständig werden neue Figuren eingeführt. Letztlich bleiben die meisten davon aber recht eindimensional, die Geschichte geht am Ende zu gut auf, viel zu platt. Was wiederum daran liegen könnte, dass es nicht wirklich um die Figuren und ihr Innenleben geht, auch nicht um große, tiefe Gedanken – sondern um die Beschreibung der Oberflächen. Die aber sitzt.

Buch 19 von 52

Alexandra Kleeman: You Too Can Have a Body Like Mine

Erschienen am 5.11.2016

Worum geht’s? Die kraftlose A lebt mit ihrer Mitbewohnerin B zusammen. B sieht aus wie eine dünnere Version von A und ernährt sich praktisch nur von Popsicles. A fürchtet nicht ganz zu unrecht, dass B ihr Leben übernehmen will. Also flüchtet sie zu C, ihrem Freund, der am liebsten Hai-Dokus und Pornos guckt. Als C sie verlässt und ihr Supermarkt keine Kandy Kakes mehr hat, ein seelenloses Industrieprodukt, von dem sie nicht genug kriegen kann, sucht sie die Nähe einer Sekte: Die United Church of the Conjoined Eater, wo es ausschließlich Kandy Kakes gibt.

Worum geht’s wirklich? Um Zugehörigkeit, Routinen, Körperbilder, synthetisches Essen, Reality-TV und Einsamkeit. Ein bitterböser Kommentar zu einer Kultur, die Arbeit am eigenen Körper zum Ideal erhoben hat. Eine Antwort auf Pamela Reif. Als A sich der Sekte anvertraut, löscht sie sich selbst aus, weg mit den Erinnerungen, weg mit der Verantwortung für den eigenen Körper, bis sie fast verhungert ist.

Lohnt sich das? Ja. Zunächst spielt die Geschichte nur ein kleines bisschen neben der Realität, bis die surrealen Momente zunehmen und schließlich alles wahnsinnig weird und verstörend ist. Erzählt wird das völlig unaufgeregt.

Auch A bleibt unaufgeregt, was schnell langweilig werden könnte. Aber dazu sind die Szenen zu absurd, zu komisch und zu nah an unserer Wirklichkeit. Weil Internet und Social Media keine Rolle spielen, dafür Fernsehen umso mehr, liest sich das Buch wie Retro-Science-Fiction.

Buch 18 von 52

David Graeber: The Utopia of Rules

Erschienen am 25.9.2016

Worum geht’s? David Graeber findet, dass die moderne Bürokratie in der Demokratie Menschen mindestens so stark einschränkt wie eigentlich unfreiere, undemokratische Herrschaftsformen. Die Bürokratie wächst und wächst, Menschen werden immer mehr verwaltet, wer nicht nach den Regeln spielt, bekommt die Polizei ins Haus (die ohnehin den Großteil ihrer Arbeit damit verbringt, die Einhaltung der Bürokratie durchzusetzen, nicht etwa, Verbrecher zu jagen).

Das Ideal von der perfekten Organisation, abgeguckt von der deutschen Post, übt einen fatalen Reiz auf viele Menschen aus. Vor allem nimmt sie ihnen die Angst vor Unberechenbarkeit. Bürokratie ist dann auch Schuld daran, dass wir nicht längst in einer Zukunft mit Mars-Kolonien und fliegenden Autos leben. Das System arbeitet lieber daran, sich als alternativlos darzustellen und totale soziale Kontrolle auszuüben.

Angestrichen

„All rich countries now employ legions of functionaries whose primary function is to make poor people feel bad about themselves.“

„The process of financialization has meant that an ever-increasing proportion of corporate profits come in the form of rent extraction of one sort or another. Since this is ultimately little more than legalized extortion, it is accompanied by ever-increasing accumulation of rules and regulations, and ever-more sophisticated, and omnipresent, threats of physical force to enforce them.“

„It’s almost as if the more we allow aspects of our everyday existence to fall under the purview of bureaucratic regulations, the more everyone concerned colludes to downplay the fact (perfectly obvious to those actually running the system) that all of it ultimately depends on the threat of physical harm.“

„This is the world that all those endless documents about ‚vision,‘ ‚quality,‘ ‚leadership,‘ and ‚innovation‘ have actually produced.“

„Almost all educated people still feel that, even if they are willing to grudgingly accept a few democratic elements in some aspects of society, they need to be kept entirely separate from the administration of justice and the law.“

„What the media was calling ‚globalization‘ had almost nothing to do with the effacement of borders and the free movement of people, products, and ideas. It was really about trapping increasingly large parts of the world’s population behind highly militarized national borders within which social protections could be systematically withdrawn, creating a pool of laborers so desperate that they would be willing to work for almost nothing.“

„Whenever someone starts talking about the ‚free market,‘ it’s a good idea to look around for the man with the gun. He’s never far away.“

Lohnt sich das? Ja, schon. Obwohl das Buch eigentlich aus 3,5 Essays besteht und nicht, wie etwa das dicke „Schulden“-Buch von Graeber, eine These zu Ende formuliert. Aber auch wenn eine übergeordnete Erzählung fehlt, stecken in „The Utopia of Rules“ jede Menge scharfe Beobachtungen und mindestens interessante Ideen. So richtig durchdacht und abgewogen ist die Bürokratie-Schmähkritik nicht, aber dafür mit viel Wut gegen den Neoliberalismus geschrieben. Das polarisiert und macht oft Spaß. Von Graeber, der Occupy Wall Street mitgegründet hat, wäre alles andere auch eine Enttäuschung.

Buch 17 von 52

Kevin Kelly: The Inevitable

Worum geht’s? Kevin Kelly, der Gründer der „Wired“, identifiziert zwölf „unausweichliche“ Trends und malt sich aus, wie die Welt in 30 Jahren aussehen und funktionieren wird.

  1. Becoming: Moving from fixed products to always upgrading services and subscriptions
  2. Cognifying: Making everything much smarter using cheap powerful AI that we get from the cloud
  3. Flowing: Depending on unstoppable streams in real-time for everything
  4. Screening: Turning all surfaces into screens
  5. Accessing: Shifting society from one where we own assets, to one where instead we will have access to services at all times.
  6. Sharing: Collaboration at mass-scale. “On my imaginary Sharing Meter Index we are still at 2 out of 10.”
  7. Filtering: Harnessing intense personalization in order to anticipate our desires
  8. Remixing: Unbundling existing products into their most primitive parts and then recombine in all possible ways
  9. Interacting: Immersing ourselves inside our computers to maximize their engagement
  10. Tracking: Employing total surveillance for the benefit of citizens and consumers
  11. Questioning: Promoting good questions are far more valuable than good answers
  12. Beginning: Constructing a planetary system connecting all humans and machines into a global matrix

Die globale Matrix bekommt von Kelly den Namen „holos“, aber das ist dann, ganz am Ende des Buchs, auch die einzige Neuschöpfung. Eine gute Nachricht für alle Leser, die sein leicht esoterische Vorgängerbuch „What Technology Wants“ anstrengend fanden.

Am interessantesten sind seine Ausführungen zu künstlicher Intelligenz. Lange Zeit war das für die meisten Menschen nicht mehr als ein Buzzword. Jetzt erkennen Google, Facebook und Apple auf Fotos immer besser menschliche Gesichter, selbst in düsteren Nachtaufnahmen von der Seite: künstliche Intelligenz ist hier, in kostenlosen Produkten für Millionen von Nutzern.

Wie und warum künstliche Intelligenz genau jetzt durchbricht, erklärt Kelly. 2014 hat er darüber bereits in der „Wired“ geschrieben und seine Ideen dazu 2015 in einem Vortrag auf der South by Southwest ausgeführt.

Bei allem Optimismus für die Zukunft glaubt Kelly, dass wir Menschen uns den von ihm identifizierten Trends nicht widersetzen können: „Massive copying is here to stay. Massive tracking and total surveillance is here to stay. Ownership is shifting away. Virtual reality is becoming real.“

Allenfalls kleine Kurskorrekturen sind noch möglich: „We are morphing so fast that our ability to invent new things outpaces the rate we can civilize them.“ Mit totaler Überwachung sollen wir uns abfinden. Um das Machtgefälle zwischen Bürgern und Datensammlern ein kleines bisschen abzuschwächen, sollen wir zurücküberwachen und Transparenz fordern.

Lohnt sich das? Ja! Mindestens für die Erklärung, was künstliche Intelligenz eigentlich ist, warum lange nicht viel davon zu sehen war und warum sich das genau jetzt schlagartig ändert:  The AI on the horizon looks more like Amazon Web Services—cheap, reliable, industrial-grade digital smartness running behind everything, and almost invisible except when it blinks off.“

Außerdem für die historische Perspektive auf das, was wir gerade miterleben: „This is the time when inhabitants of this planet first linked themselves together into one very large thing. Later the very large thing would become even larger, but you and I are alive at that moment when it first awoke.“

Vor allem aber, um die eigene Skepsis gegenüber technologischen Entwicklungen zu überprüfen: Was ist wirklich „unausweichlich“, warum kämpft wer gegen die Welt, die Kevin Kelly hier entwirft, und welche Antworten hat man selbst auf die totale Überwachung?

Buch 16 von 52.  Die kurze Zusammenfassung der Trends stammt aus der Wikipedia.

Christian Kracht: Die Toten

Erschienen am 11.9.2016

Worum geht’s? Der Weltkrieg wird auch mit Kinofilmen geführt. Ein japanischer Ministerialbeamte, Masahiko Amakasu, bittet im Jahr 1933, einen deutschen Filmregisseur nach Tokio zu entsenden. Es braucht eine Antwort auf Hollywood! Die mächtige Ufa in Berlin schickt dann aber doch nur den Schweizer Emil Nägeli.

„Die Toten“ erzählt von diesen beiden Männern, die sich in einer Mischung aus Bewunderung und Verachtung an einem mythischen Deutschland abarbeiten. Erst wird ihre Vorgeschichte erzählt, dann prallen beide aufeinander, dann kommt ein kurzer und dramatischer Schluss. Drei Teile, wie im japanischen Noh-Theater.

Worum geht’s wirklich? Um Christian Krachts heimliche Bewunderung für die Nazi-Ideologie, hübsch verpackt in Ironie, zugekleistert von einer prätentiösen Sprache voller lächerlicher Adjektive. Außerdem um den Opportunismus von Charlie Chaplin.

Lohnt sich das? Klar doch. So wie Emil Nägeli einen Gruselfilm drehen will, hat Christian Kracht ein weiteres Gruselbuch geschrieben. Die Frage, was er denn nun davon ernst meint, ist allgegenwärtig. Dabei ist alles wie immer nur ein Spiel, der echte Kracht steht daneben und lacht uns alle aus. Wer damit leben kann, kriegt ein kurzweiliges Buch Popliteratur.

Buch 15 von 52

Die Messenger-Apocalypse im Radio

Immer neue Apps und Plattformen, wo kommuniziert man wann mit wem worüber? Und wo zum Teufel steckt noch einmal die Adresse, die ich jetzt so dringend brauche? Ich glaube, wir leben in der Messenger-Apocalypse.

Über die Diagnose habe ich auf bento geschrieben, über die Therapie wird es auf dem Zündfunk Netzkongress gehen.

Als kleine Vorschau darauf war ich zu Gast in der Sendung „Breitband“ auf Deutschlandradio Kultur und wurde von Vera Linß und Martin Böttcher befragt. Das Gespräch lässt sich hier anhören.

Blake Crouch: Dark Matter

Worum geht’s? Was hätte aus Jason Dessen nicht alles werden können – der berühmteste Physiker der Welt! Aber er hat sich lieber für eine Familie entschieden und unterrichtet mehr oder weniger begeisterte Studenten. Eigentlich ist er damit ganz zufrieden, auch wenn es an ihm etwas nagt, dass sein weniger begabter Kollege in der akademischen Welt abräumt. Eines Tages wird Jason brutal entführt, in eine andere Version der Geschichte, in der er der Physik-Star ist, dafür aber auf Familie verzichtet hat. Wie ihm seine große Liebe fehlt!

Entführt hat ihn der eigentliche Physik-Star, Jason2, der ein Portal erfunden hat, mit dem man zwischen Realitäten wechseln kann. Weil er als einsamer Physiker unglücklich ist, tauscht er sein Leben mit Jason. Der natürlich, als er einmal dahinter gekommen ist, alles daran setzt, zu seiner Familie zurückzukehren.

Worum geht’s wirklich? Eine Einführung in die Multiverse-Theorie und die damit verbundenen ethischen Fragen. „Dark Matter“ geht davon aus, dass jede Entscheidung zu einer neuen Verästelung führt, mit jeder Entscheidung gibt es eine weitere Realität. Das Springen zwischen den unendlich vielen Universen ist wie eine Mischung aus „Stranger Things“ und „Interstellar“.

Wobei „Dark Matter“ auch keine neuen Antworten auf die Auswirkungen einer solchen Erfindung hat, nur die Gewissheit: Wenn wir einmal damit anfangen, zwischen Realitäten zu springen und uns selbst zu treffen, bricht großes Chaos aus. Weil Menschen mit Multiverse-Konzepten grotesk überfordert sind, endet alles in mieser Gewalt.

Lohnt sich das? Ich mochte die schnelle, direkte Sprache. Die Multiverse-Theorie dient natürlich auch als Hintergrund, die Hauptfigur Jason über Entscheidungen und sein Leben reflektieren zu lassen. Was daraus folgt, ist schön und natürlich ein bisschen kitschig. Macht aber nichts. Wo sich Neil Stephenson in „Seveneves“ in Details verliert, gibt’s hier vor allem Action.

Seltsam fern blieben mir Ausflüge in Universen, in denen der technische Fortschritt viel weiter ist – vielleicht hätte es da doch ein paar Adjektive mehr gebraucht. Und gegen Ende passiert mit jedem Satz so viel, dass ich nicht glauben kann, dass der eigentlich recht überlegte Jason nicht einmal mehr inne hält und sich fragt: What the fuck?!

Buch 14 von 52